Einer der klassischen Industriebauten aus den ersten Jahren des letzten Jahrhunderts steht in der Augustenstraße. Die ehemalige Kleiderfabrik Leibfried. Gegründet wurde das Textilunternehmen im Jahr 1908 durch die damals 22 und 19 jährigen Brüder Karl Hermann und Eugen Leibfried in der nahegelegenen Böblinger Straße. In ihrer ersten Unternehmensphase haben sie mit zwei Nähmaschinen sich vor allem mit der Erstellung von Arbeitskleidung beschäftigt. Nach dem Ende des 1. Weltkrieges ist noch ein weiterer Bruder, Otto, aus der Leibfriedschen Familie in das Unternehmen eingestiegen.
1924 ist dann schließlich der im expressionistischen Stil gestaltete Bau des Architekten Georg Stahl an der Augustenstraße in einer neunmonatigen Bauzeit errichtet worden. Fortan konnte im 5-geschossigen Gebäude auf rund 5.000 m² die Fertigung deutlich ausgeweitet werden. Das Auftragsvolumen der Kleiderfabrik Leibfried wuchs stetig und damit auch die Zahl der Mitarbeiter. Neben dem hier vorgestellten Standort wird vor dem 2. Weltkrieg noch in der nahen Lindenspürstraße, sowie in Plattenhardt auf den Fildern fabriziert.
Während des Krieges bis 1945 wird das Unternehmen Großteils zerstört. Doch dank des Engagements der Brüder Karl Hermann und Otto Leibfried erfolgt der Wiederaufbau und erzielte erneut eine bedeutende Stellung in der Süddeutschen Textilindustrie. Mit dem Ableben der beiden Eigentümer kurz nacheinander Ende des Jahres 1970 übernahm Karl Hermanns Sohn Rudi das Unternehmen und führte es weiter in der Erfolgsspur.
Einige Marken, wie Mister S und Slopper, aus dem Hause Leibfried konnten ausschließlich exklusiv im Breuninger erworben werden. Diesen Coup konnte Leibfried sicherlich nur landen, da Breuninger einer seiner Vettern war. Zudem hat es Rudi Leibfried verstanden, seine Produktion frühzeitig auf die in den 70er und 80er Jahren begehrte sportliche Kleidung umzustellen. Auch war es dem Einsatz Rudi Leibfrieds zu verdanken, dass seine Kleiderfabrik Lizenznehmer mehrerer großen Mode-Labels werden konnte. So hat Leibfried unter anderem für Pierre Cardin gefertigt.
Da die Kinder Rudi Leibfrieds das Unternehmen nicht weiter führen wollten, ging die Kleiderfabrik Leibfried an das Unternehmen Ahlers aus Nordrhein-Westfalen über. 1990 zog die Produktion nach Calw. Damit wurde das Kapitel der Textilherstellung in der Augustenstraße geschlossen.
Heute erinnern bei genauer Betrachtung nur noch die Stuckverzierungen an die Geschichte des Gebäudes. So sind in die Stuckbänder Nähmaschinen und Garnrollen eingearbeitet.