Einstmals war Stuttgart bekannt für seine Schokoladen. Firmen wie Ritter, Eszet, Moser-Roth und Waldbaur waren hier angesiedelt. Die Schokoladenzeiten gehören jedoch schon längst der Vergangenheit an. Heute zeugen nur noch einzelne Gebäude von dieser süßen Epoche. Einer dieser steinernen Zeitzeugen findet sich direkt gegenüber der Johanniskirche am Feuersee – der ehemalige Sitz der Firma Waldbaur.
Gegründet wurde das Unternehmen 1848 von den Brüdern Franz und Gustav Waldbaur. Über zwei Generationen wurde die Schokoladenfabrik durch die Familie Waldbaur geführt. Mit ihrer 'Dampf-Chocolate-Fabrik' Vor dem Calwerthor 7, seit 1851 Rotebühlstraße 83, haben sie es bis zum Hoflieferanten gebracht. Schon bald haben die Gebrüder Waldbaur ihr Sortiment um Kakaopulver, Tees und Liköre erweitert und das Unternehmen firmierte fortan unter dem Namen 'Gebr. Waldbaur, Dampfchocolade und Liqueurfabrik'. 1871 erfolgte eine weitere Umfirmierung unter dem Namen 'Gebr. Waldbaur, Chocolade. Liqueursfabrik und Theehandlung'. Mit der Erweiterung des Sortiments folgte die Erweiterung des Betriebsgeländes rund um das Stammhaus an der Rotebühlstraße.
1887 ging die Firma Waldbaur an die Familie des Müllers Max Loës über, welche sie bis 1964 führte. Zwei Jahre nach der Übernahme erfolgte ein prachtvoller Neubau am selben Standort. Mit der Übernahme durch den Sohn Karl Loës begann der Aufstieg Firma Waldbauer zu einem der großen deutschen Schokoladenhersteller. So bestand die Belegschaft um 1910 noch aus 150 Mitarbeitern. 50 Jahre später, 1960, waren es bereits 500 Beschäftigte. Dem Einsatz Karl Loës' ist es auch zu verdanken, dass die Firma Waldbaur nach dem Krieg schnell wieder aufgebaut werden und die Produktion bereits 1949 wieder aufnehmen konnte. Mit dem Tod Karl Loës' ging das Unternehmen an dessen Schwiegersohn, Gerd Ruisinger, über.
Um Waldbaur vor einem ähnlichen Schicksal zu bewahren, wie es die Firmen Moser-Roth, oder auch Eszet bereits erfahren hatten, welche aufgrund der weltweiten Überkapazitäten auf dem Schokoladenmarkt 1967, bzw. 1975 ihre Produktionen aufgeben mussten, hat Gerd Ruisinger 1976 die Markenrechte an die Stollwerk AG in Köln verkauft und im darauf folgenden Jahr die Produktion eingestellt. Dies bedeutete gleichzeitig das Ende der Schokoladenstadt Stuttgart. Heute zeugt lediglich der Schriftzug Waldbaur und das Firmenwappen mit den drei WWW – Wir wollen Waldbaur - über dem Eingang des Hauptgebäudes von dieser Ära.