Die Stuttgarter Zahnradbahn, wie ihre offizielle Bezeichnung ist, wird im Volksmund meist nur liebevoll als 'Zacke' bezeichnet. Sie verbindet Stuttgart-Süd vom Marienplatz aus mit dem oberhalb des Talkessels gelegenen Stadtbezirk Degerloch.
Im Jahr 1883 hat Emil von Keßler, der damalige Direktor der Maschinenfabrik Esslingen, gemeinsam mit dem Degerlocher Ziegeleibesitzer Karl Kühner die Konzession für die Streckenführung vom Marienplatz zum Stuttgarter Vorort Degerloch beantragt, um so den Warentransport von und auf die Fildern zu erleichtern. Die Genehmigung für dieses Vorhaben haben sie 1884 erhalten und direkt mit dem Bau der heute noch bestehenden Strecke begonnen.
Für den Betrieb der neuen Zahnradbahn wurde die Filderbahngesellschaft gegründet, welche später mehrere Strecken im Bereich Degerloch, Möhringen und Vaihingen betrieben hat.
Die Einweihung der neuen Zahnradbahnlinie erfolgte am 23. August 1884. Damals wies die Linie eine Strecke von 1,7 km auf. Der Höhenunterschied, den die Zahnradbahn überwinden musste betrug 207 m, die maximale Steigung 17,5 %. Sie fährt auf einer 1000 mm-Spur, der sog. Riggenbach-Spur.
Die Strecke verband den Vorort Degerloch direkt mit dem Stuttgarter Kessel. Doch nicht nur die Degerlocher profitierten von dieser direkten Anbindung an die Stadt. Auch die Bewohner auf den Fildern wussten diese neue Bahn für ihren Gütertransport zu nutzen. So erleichterte die Zahnradbahn ihnen den Transport ihrer Feldfrüchte, Milchkannen und Baugüter vom Stadtrand zum Markt in Stuttgart.
Zwanzig Jahre nach ihrer Inbetriebnahme wurde die Zahnradbahn 1904 elektrifiziert.
Im Jahr 1907 wurde der Zahnradbahnhof Stuttgart umgebaut, und mit zwei Ladengeschäften, einer Gastwirtschaft, Warteraum für Personen und Stauräumen für die Waren deutlich aufgewertet. Ein Jahr später erfolgte die Eingemeindung Degerlochs an Stuttgart.
1920 erwirbt die Stadt Stuttgart u.a. die Filderbahnen, deren Betrieb ab sofort durch die SSB (Stuttgarter Straßenbahnen) übernommen wurde.
In Degerloch erhielt die Zahnradbahn 1931 einen neuen Bahnhof. Der ursprüngliche Zahnradbahnhof, in der Bevölkerung oftmals spöttisch als 'Hundehütte' bezeichnet, wurde abgerissen.
Doch schon zwei Jahre später steht der Betrieb der Zahnradbahn aufgrund der Wirtschaftskrise vor dem Aus. Wohl nur dank der Übernahme durch die SSB im Jahr 1934 konnte der Betrieb der heute historischen Bahn aufrechterhalten werden. Im Jahr darauf erhielt die Zahnradbahn neue Triebwagen.
Am 21. Dezember 1936 wurde der neue Zahnradbahnhof am Marienplatz eröffnet. In diesem Zusammenhang erhielt die Strecke den neuen Abzweig von der Liststraße zum Marienplatz und der alte Zahnradbahnhof an der Filderstraße hat seine Bedeutung verloren. Heute dient das Gebäude lediglich noch als Wagendepot und beherbergt u.a. das Theater Rampe. Der alte Abschnitt blieb bis heute als Depotgleis erhalten. Der Zahnradbahnhof am Marienplatz fiel 1944 im Bombenhagel in Trümmer und wurde 1949 wieder aufgebaut.
Im Jahr 1956 war die Zahnradbahn die meist frequentierteste Strecke des gesamten SSB-Netzes mit rund 10.000 Personen am Tag.
Im Jahr 1959 wurde die Zahnradbahn als Linie 30 in das Liniensystem der SSB aufgenommen, da sie vor allem dem öffentlichen Personennahverkehr diente und bis heute dient. Diese Nummer behielt sie bis 1978, als der VVS (Verkehrs-Verbund-Stuttgart) gegründet und eine Neugliederung der Linien erforderlich wurde. Seitdem fährt sie als Linie 10 täglich vom Marienplatz nach Degerloch.
Der Zahnradbahnhof am Marienplatz wurde 1971 abermals umgebaut. Sechs Jahre später erfuhr auch der Degerlocher Zahnradbahhof eine Modernisierung.
1994 erfolgte die Verlängerung der Strecke bis zum Albplatz, der heutigen Endhaltestelle in Degerloch. Damit war die Gesamtstrecke um rund 500 m auf nun 2,2 km Streckenlänge gewachsen. An dem zu überwindenden Höhenunterschied hat sich nichts geändert, da die Strecke von der Station Zahnradbahnhof – Degerloch leicht abfällt. Die maximale Steigung der Linie beträgt heute rund 17,8 %.
Die Haltestellentafeln der 'Zacke' beinhalten nicht nur die Üblichen Informationen, wie Fahrpläne und Streckenverlauf. Sie geben die Geschichte der 'Zacke' in Stichworten begleitet von historischen Aufnahmen wieder. Zudem ist an jeder Haltestelle die Höhenmarke ü. NN zu finden. In den Wagons der Zacke kann zudem die stichpunktartige Geschichte Degerlochs während der Fahrt nachgelesen werden.
Die Strecke zur Eröffnung im Jahr 1884 umfasste folgende Stationen:
Zahnradbahnhof Stuttgart / Friedenslinde Bei km 0+526 Brücke über den Wassergraben am Pfaffenweg 31 m lange Eisenbrücke / Bei km 1+170 Brücke über die Schlammgrube 6 m lange Eisenbrücke / Bei km 1+690 Brücke über die Alte- und Neue Weinsteige 100m lange Eisenbrücke / Zahnradbahnhof Degerloch
Die heutigen Stationen der 'Zacke' lauten:
Marienplatz 266 m ü. NN / Liststraße 291 m ü. NN / Pfaffenweg 353 m ü. NN / Wielandshöhe 392 m ü. NN / Haigst 430 m ü. NN / Nägelestraße 473 m ü. NN / Zahnradbahnhof 471 m ü. NN / Degerloch
Die 'Zacke' in Stuttgart ist eine der vier letzten Zahnradbahnen in Deutschland, welche heute noch in Betrieb sind. Die bekannteste von ihnen dürfte wohl die Zugspitzbahn sein. Kaum weniger bekannt ist die Zahnradbahn zum Wendelstein hinauf. Die älteste Zahnradbahn Deutschlands, ist die hinauf zum Drachenfels bei Königswinter. Sie wurde 1883 in Betrieb genommen. Doch im Gegensatz zu diesen drei Bahnen, ist die 'Zacke' heute die einzige Bahn dieser Art in Deutschland, welche dem öffentlichen Personennahverkehr dient. Doch auch bei Touristen erfreut sie sich großer Beliebtheit. Allein schon wegen ihrer wunderbaren Ausblicke, welche sie auf den Stuttgarter Talkessel bietet, lohnt eine Fahrt mit der meist einspurigen Zahnradbahn. Doch weist die 'Zacke' noch ein weiteres Alleinstellungsmerkmal auf. Den flachen Vorstellwagen zur Fahrradmitnahme in der bergaufwärts fahrenden Richtung von Endstation zu Endstation.
Und wie die andere historische Bahn in der Stadt, die 'Standseilbahn', ist auch die 'Zacke' ein Bestandteil des 'Blaustrümpfler-Wanderwages' und wird von vielen Wanderen am Wochenende genutzt.
Auf der Karte haben wir die Strecke in etwa in Höhe der Wielandshöhe gekennzeichnet, dort, wo sie sich kurz in eine zweispurige Strecke aufteilt. Der Streckenverlauf ist in der Karte in beiden Richtungen durch die graue Linie gekennzeichnet.