Einer der schönsten Brunnen in der Stadt ist sicherlich der 'Schicksalsbrunnen' im Oberen Schlossgarten nahe des Schillerdenkmals. In seiner Jugendstilgestaltung zählt er heute zu den bedeutendsten Brunnen dieser Stilrichtung. Entworfen hat ihn seinerzeit Karl August Donndorf, von dem unter anderem der Athenebrunnen, oder auch das Denkmal für die Kolonie Ostheim stammen. Wie oftmals bei seinen Arbeiten, war auch hier der Bidlhauer R. W. Schönfeld die ausführende Kraft. Marmor als verwendetes Material unterstreicht den Anmut dieser Arbeit.
Geschaffen hat Donndorf den Brunnen 1914 in Gedenken an die vier Jahre zuvor von ihrem früheren Liebhaber erschossene schweizerisch-deutsche Opernsängern Anna Sutter. Ihr Grab befindet sich auf dem Stuttgarter Pragfriedhof.
Ursprünglich stand der Schicksalsbrunnen vor dem Künstlereingang des Staatstheaters, an der heutigen Konrad-Adenauer-Straße. Im Zuge des Ausbaus der Straßen 1963 wurde der Brunnen an seinen heutigen Standort in den Oberen Schlossgarten versetzt. Gesäumt wird er von ein paar Bänken, welche, etwas abseits der Hauptwege zum Verweilen einladen.
Die ausdrucksstarken Brunnenfiguren stellen eine Allegorie auf der Bühne am Theater, wie auch der Bühne des Lebens dar. In der Mitte des Brunnens sitzt mit ausgebreiteten Armen in einer Halbschale die Schicksalsgöttin. Die geschlossenen Hände sollen das Schicksal der Menschen halten.
Abgeschlossen wird die Halbschale mit zwei Liebespaaren. Das eine Paar steht für die Freude, das andere für das Leid. Verbunden sind sie mit dem Wasser, dem Lauf des Lebens.
An der linken Seite der Schicksalsgöttin, für den Betrachter auf der rechten Seite, befindet sich das Liebespaar der Freude. Ein junger Mann sitzt, mit Siegerkranz bekrönt, in seinen Händen die Schale voll des Lebens, zu ihm aufschauend eine glückliche junge Frau. Diese Lebensschale finden wir auch in dem ein Jahr zuvor von Donndorf geschaffenen Jünglingsbrunnen wieder.
Ihnen gegenüber, am anderen Ende des Halbrunds, steht die Allegorie des Leids. Hier sitzt die Frau. In ihrem Schoss verbirgt ein vom Schicksal getroffener junger Mann sein Gesicht.
Die Halbschale zieren am oberen Rand folgende Worte:
AUS DES SCHICKSALS DUNKLER QUELLE RINNT DAS WECHSELVOLLE LOS
HEUTE STEHST DU FEST UND GROSS MORGEN WANKST DU AUF DER WELLE
In den Jahren 2015 / 2016 wurde der Schicksalsbrunnen einer gründlichen Sanierung unterzogen und erstrahlt nun wieder in neuem Glanz.