Vor den Toren der Lauster-Travertinwerke in Stuttgart Münster steht ein Stein-Koloss aus Buntsandstein, welcher nicht nur geschichtliche Erinnerungen weckt, sondern auch als ein Symbol für deutsche Ingenieursbaukunst gesehen werden kann. Bei dem Stein-Koloss handelt es sich um eines der beiden ehemaligen Turm- oder Torhäuschen des 1894 bis 1896 erbauten 'König Wilhelms-Viadukt' (Original-Bezeichnung an der ursprünglichen Brückenkonstruktion – abweichend zur heutigen Schreibweise). Das Viadukt war mit seinen gemauerten Pfeilern und der Eisenfachwerkkonstruktion damals die größte Stahlfachwerkbrücke im Königreich Württemberg. Mit ihren 855 Metern überspannte die nach König Wilhelm II. benannte Brücke den Neckar. Das Viadukt wurde damals von seiner Majestät persönlich eingeweiht. Kurz vor Ende des 2. Weltkrieges wurde das Brückenbauwerk gesprengt, nach dem Krieg aber wieder aufgebaut und 1954 neuerlich in Betrieb genommen. Das Stahlfachwerk des 'König Wilhelms-Viadukts' hat ein Gewicht von rund 2.700 t gehabt.
Bis zu 250 Güterzüge haben das alte Viadukt tagtäglich überquert. Im Laufe der rund 90 Jahre ihrer Betriebsdauer ist die Brücke durch die ständige Belastung mürbe geworden. Und so wurde ein Brückenneubau unumgänglich. Dieser musste aufgrund der Schienenanbindung an selber Stelle entstehen. Die Herausforderung bestand darin, dass der Güterverkehr aufrechterhalten werden musste und kein Zug ausfallen durfte. Zudem kam auch eine vorübergehende eingleisige Streckenführung nicht in Frage. Aus diesen Rahmenbedingungen heraus ist man zu dem Schluss gekommen, dass die einzige Lösung sei, eine neue Brücke unter die bestehende Gleisanlage zu bauen. Am 12. Dezember 1984 war Baubeginn für das zukünftige Neckarviadukt. Die Konstruktion entstand unterhalb des bestehenden 'König Wilhelms-Viadukts'. Die neue Gleisanlage wurde neben die bestehenden Gleise verschwenkt. Der letzte Zug über das alte 'König Wilhelms-Viadukt' fuhr am 10. Februar 1990 um 7:24h.
Im Zuge des Neubaus des Neckarviadukts wurde die bestehende Brücke nach und nach abgerissen. Dank des Bezirksamtes Münster wurde eines der Turmhäuschen auf den Widerlagern Stein für Stein abgetragen und an seinem heutigen Standort wieder aufgebaut. Nach Fertigstellung des Wiederaufbaus wurde das Torhäuschen im Zuge der 800-Jahr-Feier des Bezirks Münster am 17. Juli 1993 feierlich übergeben. Neben dem hier vorgestellten Turmhäuschen sind noch drei weitere Brückenteile damals erhalten geblieben.